AUTONOME REMOTE USER TESTS

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ONLINE NUTZERTESTS OHNE INTERVIEWER

Das sogenannte „Remote UX Testing“ ist schon seit einigen Jahren in vielen Unternehmen eine etablierte Methode, um auf effiziente Weise online Feedback von Nutzern zu erhalten. Neu für viele unserer Kunden ist jedoch das Remote Testing ohne Moderation durch einen Interviewer („autonome remote User Tests“). Durch knappe Budgets und Timings erfreut sich diese Methode einer stetig wachsenden Beliebtheit. Zudem lassen sich größere und geographisch weit verteilte Stichproben realisieren.

Die Probanden erledigen dabei Aufgaben mit Hilfe eines online-implementierten Leitfadens. Gedanken und Bewertungen können laut geäußert werden, wie auch bei der klassischen Durchführung eines Nutzertests im UX Studio. Eine Videoaufnahme über die Webcam ermöglicht zudem eine Beobachtung der Nutzer.

FACIT DIGITAL EIGENSTUDIE: ANLAGE-ROBOTER AUS NUTZERPERSPEKTIVE

Im Rahmen einer Eigenstudie haben wir drei sogenannte Anlage-Roboter mit Hilfe dieser autonomen remote User Tests analysiert. Noch vor wenigen Jahren waren Anbieter dieses Segments noch nahezu unbekannt. Mittlerweile bedienen diesen Markt jedoch nicht nur kleine Start-Ups, sondern ebenfalls einige große Anbieter wollen dieses vermeintlich lukrative Marktsegment bearbeiten. So ist neben VisualVest, als Anbieter unter dem Dach der Volks- und Raiffeisenbanken, auch die Deka mit einem eigenen Angebot am Start. Doch wie gelingt es den Anbietern die potentiellen Nutzern von ihren Angeboten zu überzeugen? Schaffen es die Anbieter, die Nutzer zur Geldanlage zu bewegen?

Um diese Fragen zu beantworten, haben wir Tests mit Nutzern durchgeführt. 12 Personen haben ausgewählte Anbieter getestet, im Fokus stand hierbei der Anlage-Assistent, der basierend auf Eigenschaften und Präferenzen der jeweiligen Person ein mehr oder weniger individuelles Wertpapier-Portfolio empfiehlt. Die untersuchten Anlage-Roboter sind von VisualVest, quirion und fintego. 

Auffällig ist zunächst, dass den Anlage-Robotern mittlerweile mit einer geringeren Skepsis begegnet wird, als dies noch vor wenigen Jahren der Fall gewesen war. Nahezu jeder der Probanden hatte eine recht konkrete Vorstellung, welche Leistungen diese Anlage-Roboter anbieten und wie sie funktionieren. Die erste Hürde aus Sicht der Anbieter, überhaupt erst einmal ein gewisses Grundverständnis für eine automatisierte Anlageberatung zu erreichen, ist damit erfolgreich genommen.

Auch die Usability stellt im Großen und Ganzen keine Hürde dar, die potentielle Nutzer von einer Geldanlage abhält: Allen drei getesteten Anbietern wird eine exzellente Übersicht attestiert, die auf das Wesentliche beschränkt ist. Die Probanden fühlten sich bei der Erfassung ihrer Risikoneigungen nicht überfordert, Begriffe sind zu meist verständlich bzw. werden falls nötig erklärt, wie z.B. Risikotoleranz bei quirion. Auch dass Angaben im Nachgang leicht angepasst werden können, wurde sehr geschätzt. Vermisst wurde jedoch vielfach die Möglichkeit einer Kontaktaufnahme zu einem Mitarbeiter, für den Fall, dass während der Ermittlung des Risikoprofils Fragen aufkommen. An dieser Stelle wird deutlich, dass die menschliche Komponente im Finanzbereich sich nicht komplett durch automatisierte Prozesse und Chat-Bots ersetzen lässt.

Insgesamt fällt die Zufriedenheit der Probanden mit den Anlage-Assistenten sehr positiv aus: Zehn der 12 Probanden waren zufrieden oder sogar sehr zufrieden, nur zwei waren unzufrieden. Eine große Nutzungshürde stellt jedoch das geringe Vertrauen dar: Die Anbieter wurden zwar als seriös und professionell wahrgenommen, aber es blieben Fragen offen, wer sich denn genau hinter den Anbietern verbirgt. Ein bekannter, etablierter Markenname ist im Zusammenhang mit Finanzdienstleistungen nach wie vor enorm wichtig. Hier lässt insbesondere VisualVest viel Potential liegen, deren Zugehörigkeit zu Union Investment aus Nutzersicht nicht erkennbar ist. VisualVest wird als kleines Start-Up beschrieben, das zwar einen gelungenen digitalen Auftritt vorweisen kann, jedoch nicht als Anbieter für ein Investment in Frage kommt. Ein Hinweis auf die Zugehörigkeit zu einer der größten Finanzverbünde in Deutschland würde hier sehr helfen, Vertrauen zu schaffen.

FAZIT

Neben der Etablierung einer starken, vertrauensfördernden Marke ist für eine erfolgreiche Kundenansprache auch die richtige Mischung aus digitalen Services sowie einer Unterstützung durch echte Menschen an den kritischen Stellen in der Customer Journey erforderlich. Regelmäßige Tests mit Nutzern – sei es klassisch im Studio oder online & ohne Moderator – sind daher unabdingbar, um die Angebote an den Interessen der Nutzer auszurichten.

Michael Wörmann

Andre Soldwedel

Andre ist Senior Consultant bei Facit Digital und in der qualitativen sowie quantitativen Forschung zu Hause. Der direkte Austausch mit Nutzern von digitalen Produkten und Diensten ist ihm besonders wichtig, um digitale Produkte und Dienste so gestalten zu können, wie der Endkunde sie auch benötigt.